Andacht zum Sonntag Kantate

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EINGANGSGEBET

Gott,
Du bist der Schöpfer unserer Welt; Du hältst alles in der Hand.
Doch in diesen Tagen haben wir das Gefühl, ein Virus würde alles im Griff haben.

Wir bitten Dich: Sei bei uns in dieser komplizierten und schwierigen und unübersichtlichen Zeit. Gib uns Sicherheit und Geborgenheit; und schenke uns Orientierung, damit wir bestehen können.

Amen.

MEDITATION

Zwiespältige Gefühle:
Auf der einen Seite ist da die Freude, endlich wieder in dieser Kirche sein zu können. Endlich wieder Gottesdienst feiern zu können – wie auch immer.
Auf der anderen Seite ist da dieser Mundschutz; ist da dieser seltsame Abstand zu den anderen. Man möchte zueinander – und im gleichen Moment zuckt man zurück wegen dem Abstand.
Es ist nicht einfach. Darum bitten wir: Herr erbarme dich.

Zwiespältige Gefühle:
Auf der einen Seite die Angst vor der Krankheit, vor dem Virus. Davor, wirklich krank, vielleicht ganz schlimm krank zu werden.
Auf der anderen Seite ist da der Zweifel. Stimmt wirklich alles, was da behauptet wird? Pandemie heißt: Alle sind betroffen; aber krank sind nur ein viertel Prozent.
Es ist verworren. Darum bitten wir: Herr erbarme dich.

Zwiespältige Gefühle:
Auf der einen Seite ist da die Solidarität. Ja, wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass diese Pandemie eingedämmt wird. Dass wir sie wirklich „in den Griff kriegen“. Dafür tragen wir Mundschutz, halten Abstand und all das.
Auf der anderen Seite ist da der Ärger. Der Ärger, dass so viele Menschen um ihre Existenz kämpfen müssen. Der Ärger, dass Freiheit und Grundrechte eingeschränkt werden wie nie zuvor. Die bohrende Frage, welchen Preis wir zahlen werden.
Es ist so widersprüchlich. Darum bitten wir: Herr erbarme dich.

Eines ist klar:
Es ist eine komplizierte Zeit.
Eine Zeit, die uns herausreißt aus vertrauten Gewohnheiten.
Eine Zeit, die bedrohlich wirkt und bedrohlich ist.
Gewissheiten werden ungewiss; Sicherheiten unsicher.
Es ist eine Zeit, in der wir umso mehr auf Orientierung angewiesen sind.
Darum bitten wir: Herr erbarme dich.

EVANGELIUM: Lukas 19, 37-40

Als Jesus dann an die Stelle kam, wo der Weg den Ölberg hinunterführt nach Jerusalem, brach die ganze Menge der Jünger, die Männer und Frauen, in lauten Jubel aus. Sie priesen Gott für all die Wunder, die sie miterlebt hatten. Sie riefen: »Heil dem König, der im Auftrag des Herrn kommt! Gott hat Frieden bereitet im Himmel! Ihm in der Höhe gehört alle Ehre!« Ein paar Pharisäer riefen aus der Menge: »Lehrer, bring doch deine Jünger zur Vernunft!« Jesus antwortete: »Ich sage euch, wenn sie schweigen, dann werden die Steine schreien!«

1.

Es sind zwiespältige Gefühle, mit denen wir heute den Gottesdienst in unserer vertrauten Dreieinigkeitskirche sitzen. Auf der einen Seite Freude, endlich wieder in diesem wunderbaren Gebäude sein zu können. Und Freude, Gemeinschaft nicht nur virtuell, sondern real zu erleben. Auf der anderen Seite müssen wir nach wie vor Abstand halten und müssen in der Kirche einen Mundschutz tragen. Zwiespältige Gefühle.

Damals vor 2000 Jahren ist es nicht anders gewesen. Da gab es die, die von Jesus begeistert waren; die ihre Hoffnungen auf ihn setzten, weil er so ganz anders über Gott sprach. Und weil er so ganz anders mit Menschen umging, die ausgestoßen waren oder krank. Aber es gab auch die anderen, die ihn misstrauisch beäugten; die sehr genau wahrnahmen, wie er Regeln, Gesetze und Normen auf seine ganz eigene Weise auslegte und manches Mal sprengte.

2.

Was ist damals wirklich passiert? Die Extreme lagen auch bei Jesus nah beieinander. Beim Einzug in Jerusalem jubeln ihm die Menschen zu. Sie rufen Hosianna und halten ihn für den, der von Gott gesandt ist. Doch wenige Tage später wird Jesus wie ein Verbrecher hingerichtet und ans Kreuz geschlagen. Und die gleichen Menschen, die noch vor einer Woche gejubelt hatten, rufen nun „Kreuzige ihn!“

Uns geht es heute ja nicht viel anders. Auch heute steht die Frage im Raum: Was passiert eigentlich? Werden all die Maßnahmen, die nun in drastischer Weise ergriffen werden, wirklich die größtmögliche Zahl von Leben retten? Werden wir auf die bestmögliche Weise durch diese Krise hindurch kommen? Denn was kritische Menschen anmerken, sind ja nicht automatisch Fake-News über Verschwörungstheorien: Der Umstand zum Beispiel, dass die Wirtschaftskrise, die auf uns zukommt, tausende von Existenzen vernichten wird und in erheblichem Umfang zu einer Erhöhung der Suizidzahlen führen wird. Oder die Tatsache, dass viele Menschen in Pflegeeinrichtungen psychisch ungleich schwerer unter den Folgen der Einschränkungen zu leiden haben und in noch gar nicht absehbarer Zahl Lebensmut und Lebenskraft aufgeben und sterben, ohne dass sie an Corona erkranken.

3.

Das ist ja das Tragische an unserer Situation momentan, dass so oder so vieles zerstört werden wird. Werden die Einschränkungen zu schnell gelockert, kann es wieder mehr Erkrankte und auch Tote geben. Werden sie jedoch zu strikt angewendet, werden die Zerstörungen – auch von Menschenleben - an anderer Stelle geschehen. Die Geschichte von Jesus lehrt uns, dass wir genau das aushalten müssen: die Zerstörung, den Tod. Auch Jesus starb. Er war gescheitert. Und nicht nur die Emmausjünger gingen mit dem Gedanken nach Hause: Es ist alles aus. Es war alles vergebens. Nur dort, wo wir dieses Scheitern akzeptieren, kann etwas Neues entstehen. Ganz unscheinbar, im Morgengrauen sozusagen entsteht neues Leben. So klein und so unerwartet, dass nicht nur die Frauen, sondern auch die Jünger zunächst zweifeln. Und kaum daran glauben können. Diese Erfahrung kann auch eine Hoffnung für uns sein. Auch wenn wir es uns momentan noch nicht vorstellen können, wird es eine Zeit geben, in der wir uns nicht mehr nur ständig über Corona unterhalten werden.

4.

Was können wir jetzt in diesen Tagen und Wochen von Jesus lernen?

Das eine ist vielleicht, in besonderer Weise auf die Menschen zu schauen, die es momentan besonders schwer haben. Da sind natürlich als allererstes die Erkrankten, die vor allem dann, wenn sie im Krankenhaus liegen, mit dem Leben kämpfen. Da sind aber auch ganz andere, die man leicht übersieht: zum Beispiel die Kassiererinnen in den Geschäften, die den ganzen Tag hinter einer Glasscheibe und mit Mundschutz ihre Arbeit tun müssen. Oder die Kinder, die sich besonders schwer tun, ans Haus gebunden zu sein und nicht draußen toben zu können. Denen ihre Freunde und Spielkameraden ganz besonders fehlen und die Möglichkeit, zu spielen und zu toben und zu kuscheln. Oder die vielen Pflegekräfte in den Altenheimen und Krankenhäusern, die oftmals bis an den Rand der psychischen und physischen Erschöpfung arbeiten und sich sogar noch daheim isolieren müssen, damit sie die Menschen in ihrer Familie nicht anstecken.

Das zweite was wir von Jesus lernen können ist, dass wir gerade in diesen Zeiten von Gott erzählen. Von dem Gott, der das Leben will und der es gut mit uns meint. Der sich gegen den Tod stellt und um das Leben ringt. Behalten wir diesen Gott in Erinnerung, wenn wir in diese Woche hineingehen. Und behalten wir die Menschen im Blick, die momentan unsere besondere Fürsorge brauchen.

 

FÜRBITTENGEBET

Gütiger Gott,
du hast zugesagt, mit uns zu sein in der Not. Auf diese Zusagen wollen wir auch in dieser Zeit vertrauen.

Wir bitten dich für uns:
Schenke uns Halt und Sicherheit und Orientierung, damit wir mit innerer Ruhe durch diese Zeit gehen können - sorgsam und verantwortungsvoll, aber ohne beherrschende Angst.

Wir bitten dich für die Menschen in unserem Freundes-, Familien- und Bekanntenkreis. Schenke auch ihnen Kraft und Zuversicht und Ruhe. Und wo wir etwas dazu beitragen können, schenke uns dazu den Mut und die Fantasie und die rechten Worte.

Wir bitten dich für alle Menschen, die in dieser Zeit für die Erkrankten arbeiten: die Ärzte und die Pflegekräfte in den Kliniken und Praxen, die oft bis an den Rand der Erschöpfung für die Erkrankten im Einsatz sind; und die meist am stärksten gefährdet sind, selbst krank zu werden. Sei bei ihnen und erhalte ihre Gesundheit an Leib und Seele.

Wir bitten dich für alle jene, die in Politik und Krisenstäben weit reichende Entscheidungen zu treffen haben. Schenke ihnen Weisheit und Mut und Nüchternheit. Bewahre sie davor, falschen Ratgebern zuzuhören und gib ihnen Menschen an die Seite, die klug und umfassend informieren und Entscheidungen abwägen und vorbereiten. Amen.

 

c/o Evang.-Luth. Dreieinigkeitskirche Regensburg, Pfarrergasse 5, 93047 Regensburg