6. So n. Trinitatis 19.07.20

Gedanken zu Matthäus 28,16-20

 „Whipe it down“ ist aktuell der größte Trend auf TikTok. „Wisch es weg“ – schon ist kreativ das eigene Gegenüber verschwunden oder ausgetauscht. Wir leben nicht nur in einer Wegwerfgesellschaft, sondern auch in einer Wegwischgesellschaft. Das ist rein meine Beobachtung und wirklich keine Kritik. Es ist so einfach geworden, sich durch Informationen, Angebote und Kommunikationsprozesse durchzuhangeln – ein Wisch und schon ist weg, was stört. Ein Wisch und schon ist etwas Neues vor unseren Augen. Verloren geht dabei der Gedanke der Entfaltung: Etwas entsteht allmählich, langsam und entfaltet stufenweise seine Fülle: Das Aroma eines guten Weines kann man nicht herbeiwischen. Das Farbenspiel eines Sonnenunterganges gibt es nicht auf Knopfdruck. Unsere Kinder gehen nicht einen Tag nach der Geburt zum Studium an die Uni. Das ist für mich der Gedanke der Entfaltung: Eine Entwicklung, die Zeit und Raum braucht. Es muss leider schnell gehen heutzutage. Weg, weg, weg – wisch, wisch, wisch. Sinnsuche und Auszeit ist für viele nicht mehr nur sich einmal auf die Bank zu hocken und dem Leben beim Leben zuzuschauen. Ein „Entspannungsurlaub“ ist genauso generalstabsmäßig geplant wie der Rest des eigenen Lebens. Kirche wird als langweilig empfunden, weil man dort still mit sich beschäftigt sitzen muss: „Whipe it down“!? Ein Entfaltungs-Wort begegnet uns am 6. Sonntag nach Trinitatis, wenn Jesus Christus spricht:

 

Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

 

Bis an der Welt Ende. Ganz schön lange Zeit. Dabei endet unsere Welt täglich bestimmt durchschnittlich 200x via Wegwischen. Jesus Christus ist bei uns. Nicht nur das, einen Auftrag bekommen wir auch noch. Und das mitten in der Krise des Ehrenamtes! Auf den ersten, modernen, Blick eine weitere Zumutung von jenseits der Kirchenmauern. Aber lesen Sie diese Worte mit dem Entfaltungsgedanken. Alle Tage bis an der Welt Ende eröffnet viel an Zeit und Raum auf, um etwas in uns wirken zu lassen. Es bleibt nicht nur nach innen gewandt. Alle Tage bis an der Welt Ende eröffnet viel an Zeit und Raum, um durch unser Auftreten etwas nach außen wirken zu lassen. Please, don’t you just whipe it down! Bitte nicht gleich wegwischen! Üben Sie doch mal Entfaltung. In der kommenden Woche nehmen Sie das Jesus-Wort in Gedanken mit durch Ihren Alltag: Morgens an der Kaffeemaschine, vormittags in der Arbeit, bei den Hausaufgaben mit den Kindern oder abends beim Feierabendsport. Sprechen Sie in Gedanken das Entfaltungswort von Jesu lebenslanger Begleitung! Lassen Sie es wirken in Ihren Herzen. Bewegen Sie meinen Gedanken der Entfaltung bei sich. Entfaltung ist für mich übrigens ergebnisoffen – was für mich gilt, dürfen Sie natürlich ganz anders empfinden! Vielleicht drehen Sie gleich noch ein TikTok-Video – wie sich die Woche dann eben entfaltet.

 

Ihr
Magnus Löffelmann

 

c/o Evang.-Luth. Dreieinigkeitskirche Regensburg, Pfarrergasse 5, 93047 Regensburg